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Vor ein paar Monaten beendete ich das Hope1000. Während mittlerweile schon wieder einige Zeit vergangen ist fange ich nach und nach an mit einem anderen Blick auf alles zurückzublicken. Geblieben sind Erinnerungen, lebhafte Bilder von üppigen grünen Landschaften, Gewittern und durchnässten Schuhen, gemischt mit dem Geruch von Kuhmist und dem Pfeifen des Windes. Ich liebte es, ich fühlte mich so lebendig in dieser Landschaft.

Es ist der zweite Tag und ich bin kurz davor aufzugeben. Diese Höhenmeter, das Klettern, ich hätte mir im Traum nicht vorstellen können wie hart es sein würde. Was macht ein holländisches „Mädchen“ in den Bergen, frage ich mich? Wenn ich jetzt daran zurück denke muss ich kichern. Ich habe an diesem Tag fast 10 Liter Wasser getrunken und nicht einen Tropfen gepinkelt. Ich spürte die Elektrolyte, die durch die Poren meiner Haut aus meinem Körper strömten. Der Ausblick der Hammer: idyllische Holzbauernhöfe zwischen grünen Wiesen und schroffen Gipfeln im. Eine fast perfekte Landschaft, sauber, schön, klar, aber auch brütend heiß und feucht, mit schier endlos steilen Anstiegen, bei denen man sich oft fragt, ob man nicht besser wandern sollte.

Aber am zweiten Tag dieses Rennens kannte ich die Berge noch gar nicht.

Am dritten Tag fahre ich eingepackt in Regenklamotten durch ein Gewitter und während ich versuche durch Schlammlawinen abzufahren, prasselt murmelnder Hagel auf die Straße und legt eine Eisschicht auf den Trail. Meine Schuhe sind völlig durchnässt und obwohl es nicht erlaubt ist sich externe Hilfe zu suchen, bitte ich an einem offenen Garagentor um ein paar Zeitungen, damit ich meine Schuhe später etwas trocknen kann.

Im Tal klärt es auf, Dampf steigt aus dem Boden und tiefhängende Wolken ziehen vorbei. Sonnenstrahlen treffen auf das Laub und färben alles zu Gold und eine märchenhaft verzauberte Welt lässt mich für einen Moment die durchnässten Schuhe vergessen und diesen schönen Moment genießen.

Dann schlägt die Realität wieder zu und der Gestank vom tagelangen Radfahren in denselben Klamotten schlägt einem in die Nase.

Man muss einfach immer weiter, denn die Uhr bleibt nicht stehen und wenn man eine Weile auf dem Boden liegt, dauert es einfach noch viel länger. Obwohl ich das jetzt wirklich möchte, einfach hier auf dem Asphalt liegen, unter diesem wunderschönen Baum. Mein Rhythmus ist es, meist bis 2 Uhr morgens Rad zu fahren und gegen 5 oder 6 Uhr aufzustehen. So schaffe ich es, idealerweise 4 Stunden pro Nacht zu schlafen.

Schlafen – Auf einer Bank, unter einem Baum, unter einem Dach, einem Garagentor, zwischen dem Weizen auf einem Feld, bei starkem Regen in einer Kapelle, in einer Holzwerkstatt, kurz vor einem großen Pass und in einem Hotel, das ich für den Abend vor buchen musste, ohne daran zu denken, dass ich erst nach Mitternacht ankommen werde. Eine 3-stündige Wanderung durch Schnee und andere sumpfige Verhältnisse verzögerten meinen Zeitplan so sehr, dass ich erst 4 Uhr morgens im warmen, trockenen Hotel mit einer noch wärmeren Dusche ankam. Ich hätte mir keine bessere Motivation zum Weitermachen vorstellen können.

Hope1000 zehrte wirklich bis zur letzten Minute an meiner Ausdauer. Natürlich kam 20 Kilometer vor dem Ziel dann noch ein Singletrack mit fiesen Wurzeln. Manchmal ist Asphalt einfach köstlich… Nach einer gefühlt ewigen Abfahrt rolle ich in Montreux ein. An sonnigen Einkaufsstraßen vorbei, gefüllt mit Touristen in Sportwagen. Schließlich erreiche ich den Boulevard, an dem Freddie Mercury einen blauen See mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund überblickt.

Das ist es also, das berühmte Ziel. Keine Party, kein großer Empfang. Aber ich bin dankbar für die wenigen Fahrer, die da waren, um mir Pizza und Cola zu bringen und mit denen ich einige verrückte Streckenmomente teilen konnte.